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Präventiver Effekt einer Erhöhung der täglichen Trinkmenge um 1.5 Liter Wasser bei prämenopausalen Frauen mit rezidivierenden akuten Zystitiden?

Horton Stiftung:

Hintergrund:
Viele Frauen erkranken an einer akuten Zystitis und bei vielen Frauen treten immer wieder akute Harnwegsinfekte auf. Antibiotika werden nicht nur zur Behandlung eingesetzt, sondern auch zur Prävention vor weiteren Infekten. Da die Entwicklung von Resistenzen gegen Antibiotika weltweit zunimmt und die häufige Einnahme von Antibiotika einer der ursächlichen Faktoren der Resistenzentwicklung ist, sucht man nach Alternativen – insbesondere bei der Prävention. Eine der möglichen Massnahmen zur Verhinderung von akuten Zystitiden ist mehr zu trinken um damit die Bakterien – so die Vorstellung – schneller auszuschwemmen. Die Frage, ob mehr Trinken eine wirksame Massnahme ist, ist umstritten.
In dieser Studie wird untersucht ob bei prämenopausalen Frauen vermehrtes Trinken die Wahrscheinlichkeit von rezidivierenden akuten Zystitiden verringert.

Einschlusskriterien:

  • Prämenopausale, mindestens 18 Jahre alte Frauen ohne aktuell akute Zystitis bei Einschluss in die Studie
  • Mindestens 3 Episoden einer akuten Zystitis im vergangenen Jahr, mindestens bei einer der Episoden Nachweis von Bakterien im Urin (herkömmliche Methode)
  • Frauen gaben an weniger als 1.5 Liter pro Tag zu trinken
  • Frauen mit einer 24 h Urinmenge <1.2 Liter und einer Urinosmolalität von mindestens 500 mOsm/kg

Ausschlusskriterien:

  • Akute Pyelonephritis in der Anamnese
  • Symptomatische Vulvovaginitis
  • Schwangerschaft

Studiendesign und Methode:

Randomisierte Studie, Studienort: Bulgarien

Interventionen:

  • Gruppe 1: diese Frauen wurden aufgefordert zur üblichen Trinkmenge zusätzlich pro Tag 1.5 Liter zu trinken; Sie erhielten 3 x 500 ml Mineralwasser pro Tag und wurden instruiert zu jeder Mahlzeit eine Flasche davon zu trinken.
  • Gruppe 2: keine zusätzlichen Empfehlungen für eine erhöhte Trinkmenge

Outcome:
Primärer Outcome

  • Rezidivhäufigkeit der akuten Zystitis während 12 Monaten (definiert; mindestens ein klinisches Zeichen – Dysurie, häufiges Wasserlassen, plötzlicher starker Harndrang (urgency), suprapubische Schmerzen – und dem Nachweis von Bakterien im Urin < 103 CFU/ml

Sekundäre Outcomes

  • Anzahl Episoden einer akuten Zystitis, die mit Antibiotika behandelt wurden
  • Mittleres Zeitintervall zwischen den akuten Zystitiden

Resultat:

  • 163 Frauen wurden auf die Eignung zur Teilnahme an der Studie untersucht und 140 konnten eingeschlossen werden.
  • Das mittlere Alter lag bei 35 Jahren, der mittlere BMI war 23, über 90% waren sexuell aktiv im Monat vor Einschluss in die Studie, das mittlere 24 Stunden-Urinvolumen betrug etwa 900 ml und die Urinosmolalität lag bei gut 700 mOsm/kg.
  • Die mittlere Anzahl an Zystitiden innert einem Jahr betrug 1.7 in der Gruppe mit erhöhter Trinkmenge und 3.2 in der anderen Gruppe. Der Unterschied ist beträchtlich und auch statistisch signifikant.
  • Die mittlere Anzahl an Antibiotikatherapien betrug 1.9 in der Gruppe mit erhöhter Trinkmenge und 3.6 in der anderen Gruppe; diese Häufigkeiten sind höher als jene der Zystitiden; wahrscheinlich wurden zu viele Frauen mit einem Antibiotikum behandelt; die Steigerung der Trinkmenge führt aber doch zu einer deutlichen Reduktion an Antibiotikaverschreibungen.
  • Über unerwünschte Nebenwirkungen der erhöhten Trinkmenge wird nicht berichtet in der Studie.

Kommentar:

  • Mit einer Steigerung der täglichen Trinkmenge reduziert sich die Häufigkeit von Zystitiden bei prämenopausalen Frauen.
  • Es ist dies die erste randomisierte Studie zu dieser Frage; wenn der Effekt in weiteren Studien vielleicht nicht mehr ganz so gross ist, so ist diese präventive Massnahme kostengünstig und ohne gravierende Nebenwirkungen.

Literatur:

Hooton TM et al. Effect of Increase Daily Water Intake in Premenopausal Women With Recurrent Urinary Tract Infections. A Randomized Trial. JAMA Intern Med.
Doi:10.1001/jamainternmed.2018.4204.

Fazit:

Jede junge Frau wird dies nicht umsetzen können. Aber Frauen, die von häufigen rezidivierenden HWI geplagt werden und schon viele andere, meist teure Therapien ausprobiert haben, werden es sicher dankbar aufnehmen.

Fazit Regen:

Ein Angebot an entsprechende Patientinnen in der Praxis. Und: die klinische Erfahrung bestätigt das Studienergebnis.