Arzneimitteltelegramm
Korrespondenz a-t 2018; 49: 28
HORMONELLE KONTRAZEPTIVA – SICHERE VERHÜTUNG AUCH UNTER ANTIBIOTIKA?
Auf dem Beipackzettel eines Antibiotikums vermisste ich den Hinweis auf eine Wechselwirkung mit der Pille. Daraufhin sah ich mir mehrere andere Antibiotika an, auch hier fehlte der Hinweis. Eine Rückfrage bei einem Anbieter ergab, dass der Hinweis vor etwa zwei Jahren entfallen ist, da sich Wechselwirkungen nicht bestätigt haben. Was sagen Sie zu diesem Statement?
A. MUTH (Fachapothekerin für Offizinpharmazie)
D-47807 Krefeld
Die zur Tuberkulosetherapie angebotenen Rifamycin-Antibiotika Rifampicin (EREMFAT) und Rifabutin (MYCOBUTIN) induzieren in der Leber Zytochrom-P-450-Enzyme wie CYP 3A4 und steigern so die Metabolisierung hormoneller Kontrazeptiva. Darüber hinaus führt Rifampicin zu einer verstärkten Bildung von sexualhormonbindendem Globulin (SHBG), wodurch die Plasmaspiegel freier aktiver Sexualhormone weiter gesenkt werden.1 Für die anderen hierzulande angebotenen Antibiotika sind dagegen keine relevanten enzyminduzierenden Effekte bekannt. Trotzdem wiesen bis vor Kurzem viele Fach- und Gebrauchsinformationen kombinierter hormoneller Kontrazeptiva und Nicht-Rifamycin-Antibiotika darauf hin, dass bei gleichzeitiger Anwendung der beiden Stoffgruppen zusätzliche nichthormonelle Verhütungsmethoden verwendet werden sollen.z.B.2
Laut einer aktuellen systematischen Übersicht liegen zwar anekdotische Berichte und unkontrollierte Beobachtungsstudien zu Pillen-Anwenderinnen vor, die während einer antibiotischen Therapie schwanger geworden sind. Diese berücksichtigen aber nicht das Hintergrundrisiko für Schwangerschaften unter oralen Kontrazeptiva, das aufgrund von Anwendungsfehlern bis zu 9% betragen kann.3 Daten aus kontrollierten Beobachtungs- und Pharmakokinetikstudien sprechen hingegen nicht für eine Wechselwirkung, die die kontrazeptive Sicherheit beeinträchtigt.4
FAZIT: Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) wie auch verschiedene medizinische Fachgesellschaften äußern schon seit Jahren keine Bedenken mehr gegen die gleichzeitige Anwendung von Nicht-Rifamycin-Antibiotika und kombinierten hormonellen Kontrazeptiva.5-7 Deshalb hat sich im März 2015 auch die europäische Koordinierungsgruppe für dezentral zugelassene Humanarzneimittel (CMDh) dafür ausgesprochen, den Warnhinweis vor Wechselwirkungen zumindest aus den Produktinformationen kombinierter oraler Kontrazeptiva und nicht enzyminduzierender Antibiotika zu streichen.8 Nur wenn unter diesen Antibiotika Durchfall oder Erbrechen auftritt, muss weiterhin von einer verminderten Sicherheit oraler Kontrazeptiva ausgegangen werden.9
Fazit:
Außer bei Tuberkulose keine Einschränkung notwendig.
Fazit REGEN:
Andere Medikamente können allerdings noch einen Einfluss haben: Z.B. Antidepressiva, Antiepileptika.
Macht Durchfall eine verminderte Wirksamkeit?