Claxton L, Simmonds M, Beresford L, Cubbon R, Dayer M, Gottlieb SS, et al. Coenzyme Q10 to manage chronic heart failure with a reduced ejection fraction: a systematic review and economic evaluation. Health Technol Assess 2022;26(4)
This study suggested that co-Q10 has the potential to be clinically effective but concerns about the evidence base mean that a new trial is warranted.
Hintergrund
Chronische Herzinsuffizienz ist eine chronisch progrediente Erkrankung, die für jährliche NHSAusgaben von 2,3 Mrd. £ verantwortlich ist. Niedrige Konzentrationen von endogenem Coenzym Q10 können eine chronische Herzinsuffizienz verschlimmern. Nahrungsergänzungsmittel mit Coenzym Q10 können die Symptome verbessern und das Fortschreiten verlangsamen. Da angenommen wird, dass Statine die Produktion von Coenzym Q10 blockieren, könnte eine Nahrungsergänzung besonders vorteilhaft für Patienten sein, die Statine einnehmen.
Ziele
Bewertung der klinischen Wirksamkeit und Kosteneffizienz von Coenzym Q10 bei der Behandlung von chronischer Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion.
Methoden
Eine systematische Übersichtsarbeit, die randomisierte Studien zum Vergleich von Coenzym Q10 plus Standardversorgung mit Standardversorgung allein bei chronischer Herzinsuffizienz umfasste. Auf chronische Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion beschränkte Studien wurden ausgeschlossen. Datenbanken wie MEDLINE, EMBASE und CENTRAL wurden bis März 2020 durchsucht. Das Bias-Risiko wurde mit dem Cochrane Risk of Bias-Tool (Version 5.2) bewertet. Eine geplante Metaanalyse einzelner Teilnehmerdaten war nicht möglich und Metaanalysen basierten meist auf aggregierten Daten aus Publikationen. Mögliche Effektmodifikationen wurden mittels Meta-Regression untersucht. Ein Markov-Modell verwendete Behandlungseffekte aus der Meta-Analyse
und Baseline-Mortalität und Krankenhauseinweisungen aus einer britischen Beobachtungskohorte. Die Kosten wurden aus Sicht des NHS und der Pflegedienste bewertet und in britischen Pfund auf einer Preisbasis von 2019/20 ausgedrückt. Die Ergebnisse wurden in qualitätsangepassten Lebensjahren ausgedrückt. Sowohl Kosten als auch Ergebnisse wurden mit einer jährlichen Rate von 3,5 % abgezinst.
Ergebnisse
Insgesamt wurden 26 Studien mit 2250 Teilnehmern in den systematischen Review eingeschlossen. Viele Studien wurden als schlecht und mit einem hohen oder unklaren Bias-Risiko in mindestens einem Bereich bewertet. Eine Metaanalyse legte einen möglichen Nutzen von Coenzym Q10 auf die Gesamtmortalität nahe (sieben Studien, 1371 Teilnehmer; relatives Risiko 0,68, 95 % Konfidenzintervall 0,45 bis 1,03). Die Ergebnisse für kurzfristige funktionelle Ergebnisse waren bescheidener oder unklarer. Es gab keinen Hinweis auf vermehrte Nebenwirkungen unter Coenzym Q10. Die Meta-Regression ergab keine Hinweise auf eine Wechselwirkung der Behandlung mit Statinen. Die Basisfall-Kosteneffektivitätsanalyse ergab inkrementelle Kosten von 4878 £, inkrementelle qualitätsbereinigte Lebensjahre von 1,34 und ein inkrementelles Kosten-Nutzen-Verhältnis von 3650 £. Probabilistische Sensitivitätsanalysen zeigten, dass Coenzym Q10 bei Schwellenwerten von 20.000 £ und 30.000 £ pro qualitätsangepasstem Lebensjahr mit hoher Wahrscheinlichkeit (95,2 % bzw. 95,8 %) kosteneffektiver war als die Standardversorgung allein. Szenarioanalysen, in denen die Grundgesamtheit und andere Modellannahmen variiert wurden, ergaben, dass Coenzym Q10 kosteneffektiv ist. Weiter Studien sind notwendig diese Aussage zu
bestätigen.
Einschränkungen
Für die meisten Ergebnisse waren Daten aus wenigen Studien verfügbar und verschiedene Studien trugen zu unterschiedlichen Ergebnissen bei. Es gab Bedenken hinsichtlich des Bias-Risikos und der Frage, ob die Ergebnisse der eingeschlossenen Studien auf eine typische britische Bevölkerung anwendbar sind oder nicht. Mangels individueller Teilnehmerdaten waren geplante Detailanalysen von Effektmodifikatoren nicht möglich.
Schlussfolgerungen
Verfügbare Beweise deuten darauf hin, dass Coenzym Q10, wenn es verschrieben wird, das Potenzial hat, bei Herzinsuffizienz mit reduzierten Ejektionsfraktion klinisch wirksam und kostengünstig zu sein. Angesichts erheblicher Bedenken hinsichtlich des Verzerrungsrisikos, der Plausibilität von Effektstärken und der Anwendbarkeit der Evidenzbasis ist es jedoch wichtig festzustellen, ob Coenzym Q10 in einer typischen britischen Bevölkerung wirklich wirksam ist oder nicht, insbesondere da Coenzym Q10 keiner Prüfung einem Arzneimittelzulassungsverfahren unterzogen wurde. Es sind stärkere Beweise erforderlich, bevor die Verschreibung im NHS in Betracht gezogen wird.
Roman
Das CoQ10 wird schon lange (seit mehr als 20 Jahren) und intensiv beforscht. Es spielt sicherlich eine wichtige metabolische Rolle (Kofaktor der mitochondrialen ATP-Bildung), aber wie verhält sich das CoQ10 im Myokard bzw. bei HFrEF genau, bleibt noch unklar und leider auch kontrovers.
https://www.ahajournals.org/doi/10.1161/circheartfailure.115.002639
Es ist bekannt,dass der erniedrige CoQ10-Spiegel zwar mit erhöhten Morbidität und Mortalität bei HFrEF (↑NYHA, ↓EF) assoziiert ist, aber es zeigte sich keine signifikante Assoziation zwischen des CoQ10-Spiegels selber (Serum oder myokard) und der Mortalität (CORONA-trial, N=1191). Also der Erkrankung (wi BNP) indizieren.
https://www.jacc.org/doi/abs/10.1016/j.jacc.2010.02.075
Das aktuelle Review (Claxton et al. 2022) finde ich soweit transparent (britisches Background, NHSFinanzierung, wenig Interessenkonflikte) und methodologisch auch ziemlich gut (Risiko-Bias mit Cochrane-Tool quantifiziert, Meta-Regression-Model). Die Datenbasis geht hauptsächlich vom
prospektiven Q-SYMBIO-trial (Mortensen et al. 2014) aus.
https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2213177914003369?via%3Dihub
Das Problem ist die sehr heterogene und komplexe Datenlage des Reviews (26 RCT+1 Metaanalyse). Viele RCTs sind sehr klein, minimal gepowert, oft wenig beschrieben (v.a. der Randomisierungsprozess!), wichtige klinische Parameter (NYHA, EF etc.) fehlend, die Mehrheit mit hohem oder unklarem Bias-Risiko bezeichnet, extreme Volatilität der Co-Q10-Dosen (32-400 mg!) oder die große Follow-Up-Unterschiede (4 Wochen bis 2 Jahren).
https://www.journalslibrary.nihr.ac.uk/hta/kvou6959/#/abstract
Fazit:
Bisherige Daten über die Co-Q10-Rolle bei HFrEF sehen vielversprechend aus. Die Co-Q10-Substitution zeigt sich soweit sicher, gut verträglich, die Frage der Interaktionen muss noch weiter untersucht werden (Cave VKA!). Ob die prognostische Bedeutung bei HFrEF gibt, bzw. bei welchen Patienten (Multimorbidität!) oder welcher Komedikation (Statine!), müssen noch mehr gepowerte, länger dauernde RCTs beantworten.
Fazit Regen:
Q-Enzym 10 hat offensichtlich einen Effekt, nicht so stark wie klassische Antihypertensiva, aber als
Nahrungsmittelergänzungsmittel kann man nicht davon abraten.