Zum Inhalt springen

Triple-Therapie: Unklarer Nutzen, Klarheit beim Risiko

Der Nutzen einer Triple-Therapie (Antikoagulans, ASS und P2Y12-Hemmer) bei Stent-Patienten mit Vorhofflimmern bleibt umstritten. Laut neuen Studien bringt eine Triple-Kombination keine Abnahme kardiovaskulärer Ereignisse und zusätzlich deutliche Zunahme von Blutungen.

Vorhofflimmern bei Stent-Patienten nicht selten
Etwa 5–10 % aller Koronarpatienten im Katheterlabor haben schon Vorhofflimmern, was nach CHA2DS2-VASc-Score eine Antikoagulation als Schlaganfallprophylaxe erfordert. Das Koronarstenting andererseits verlangt eine Rezidivprophylaxe mit zwei Thrombozytenhemmern.

Die Balance zwischen Antithrombose und Blutung
Die Behandlungsstrategie bei der Triple-Therapie muss beide Risiken (Thrombose, Blutung) wahrnehmen. Die bisherigen Leitlinien haben bisher geraten beide Strategien zu kombinieren (Antikoagulation plus duale anti-Plättchen-Therapie). Dadurch steigt jedoch das Blutungsrisiko an.

Schon vier Studien gegen lange Triple-Therapie
In den letzten Jahren wurde viel die kleine WOEST-Studie (2013) diskutiert, dass in dieser Situation auf Tripletherapie (inklusive ASS) verzichtet werden kann (Dewilde WJ et al. Lancet. 2013;381(9872):1107-15). Unter dualer Therapie (P2Y12-Inhibitor plus Vitamin-K-Antagonist) haben sich deutlich weniger Blutungen und geringer Gesamtmortalität gezeigt.
In der ISAR-TRIPLE-Studie 2014 (600 Teilnehmer, https://clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT00776633) wurden zwei Triple-Therapieregime unterschiedlicher Dauer (6 Wochen versus 6 Monate) verglichen. Bei der Hälfte wurde nach 6 Wochen P2Y12-Inhibitor abgesetzt und die duale Therapie (ASS plus VKA) bis insgesamt 6 Monate fortgesetzt.
Die andere Hälfte erhielt die Triple-Therapie über die ganze Zeit sechs Monate. Die Inzidenz ischämischer Ereignisse wurde durch Verkürzung der Therapie nicht signifikant erhöht (4,0 versus 4,3 Prozent). Bei Blutungsrate zeigte sich dann doch einen Vorteil des verkürzten Regimes (20,5 versus 27,9 Prozent).
Die größere PIONEER-AF-PCI-Studie 2016 (Gibson CM et al. N Engl J Med. 2016;375:2423-34) hat die Beobachtung bestätigt. Die Blutungsraten haben sich unter dualer Therapie (niedrig dosierter Rivaroxaban und P2Y12-Inhibitor) im Vergleich zur Triple-Therapie deutlich reduziert.
Die RE-DUAL PCI-Studie 2017 (2.725 Patienten mit VHF, Cannon CP et al. N Engl J Med. 2017;377:1513-24) fördert auch das Konzept der dualen Therapie (hier P2Y12-Inhibitor plus Dabigatran) mit wenigen Nebenwirkungen und vergleichbarem Benefit.

ESC Konsensus-Dokument
Die Europäische Gesellschaft für Kardiologie (ESC) hat 2014 unter Mitbeteiligung mehrerer Fachgesellschaften ein „Konsensus-Dokument“ (2014;35(45):3155-79) verfasst. Es geht um eine generelle Empfehlung für antithrombotische Prophylaxe bei PCI-Stent-Patienten.

Die Triple-Therapie sollte je nach Blutungs- (HAS-BLED-Score) und Ischämierisiko (CHA2DS2-VASc-Score) mindestens 4 Wochen und maximal 6 Monaten dauern.

ACS Leitlinien (ESC 2015)
https://leitlinien.dgk.org/files/2016_Kommentar_Akutes_Koronarsyndrom_NSTE_ACS.pdf
Die PCI-Stent-Patienten mit klarer Indikation für eine OAK (nichtvalvuläres Vorhofflimmer, CHA2DS2-VASc Score ≥2) sollten eine Triple –Therapie erhalten (I-C-Empfehlung).

Es gibt die Therapie-Stratifizierung nach Blutungsrisiko (HAS-BLED-Score) vor.

Bei niedrig/intermediärem Blutungsrisiko (HAS-BLED ≤2) empfiehlt sich eine Dreifachtherapie (ASS plus Clopidogrel plus Antikoagulans) für zunächst 6 Monate, gefolgt von einer Zweifachtherapie (ASS oder Clopidogrel plus Antikoagulans) für weitere 6 Monate erhalten (IIaC-Empfehlung).

Bei Patienten mit sehr hohem Blutungsrisiko (HAS-BLED >2) ist eine Dreifachtherapie für 1 Monat, gefolgt von einer 11-monatigen Zweifachtherapie empfohlen (IIb-B-Empfehlung).

Von einer Dreifachtherapie mit Ticagrelor oder Prasugrel wird aufgrund des in Studien nachgewiesenen deutlich erhöhten Blutungsrisikos grundsätzlich abgeraten (III-C-Empfehlung).

Im Gegensatz zu den alten Leitlinien wird auch bei Patienten mit Indikation zur OAK generell der Einsatz von DES der neuen Generation anstelle von „bare metal stent“ (BMS) empfohlen (IIa-B-Empfehlung).

Bei Patienten mit nichtvalvulärem Vorhofflimmern sind in der aktuellen Leitlinie die NOAKs als therapeutische Alternative zu den Vitamin-K-Antagonisten zugelassen, auch wenn der Stellenwert und die Sicherheit von NOAKs gegenüber VKA bei Patienten mit ACS und Indikation zur oralen Antikoagulation bislang noch nicht abschließend geklärt ist.

Zur postinterventionellen Dauertherapie (>1 Jahr) der VHF-Patienten empfehlen aktuellen Leitlinien primär eine Monotherapie (VKA oder NOAK). Eine duale Therapie (OAK plus einer antithrombozytären Substanz) kann jedoch bei Patienten mit hohem Risiko für eine erneute Koronarischämie in Abhängigkeit vom Blutungsrisiko erwogen werden.

Ergebnisse dezidierter randomisierter Studien zu Klärung der optimalen antithrombotischen Langzeittherapie liegen aktuell jedoch nicht vor, werden aber möglicherweise durch die laufende OAC-ALONE-Studie geliefert.

Fazit:

Es gibt eigentlich keine aktuelle Empfehlung, die alle aktuellen Studienergebnisse umsetzt.
Man versucht, die Therapiedauer insgesamt zu verkürzen, um das Risiko zu senken. Der Benefit bleibt offensichtlich gleich.
Für uns ist es extrem schwierig, die Empfehlung des Krankenhauses zu modifizieren.

Fazit Regen:

Viele Patienten die einen hohen CHADS VASc Score und damit eine Indikation zur Antikoagulation haben, erreichen entsprechend auch einen hohen HAS BLED Score und gehören somit zu der Gruppe mit erhöhtem Blutungsrisiko, wo eine kürzere Dauer der Triple-Therapie angezeigt ist. Diese individuelle Abwägung, was ist für meinen Patienten das richtige Therapieziel, wie ist die Blutungsgefahr und die Präferenz des Patienten, müssen wir letztlich als Hausärzte vornehmen, das erfolgt nicht im Krankenhaus;