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Rechtsschenkelblock: Wirklich nur ein nicht bedeutsames Phänomen?

Risikofaktoren:

  1. Hohes Alter
  2. Männliches Geschlecht
  3. DM
  4. Hypertonus

Ätiologie:

  1. KHK (MI, HI etc.)
  2. Akute Rechtsherzbelastung (LE)
  3. Chronische Rechtsherzbelastung (MS, COPD, Lungenfibrose)
  4. Entzündlich (Myokarditis, Borreliose!)
  5. Medikamente (Betablocker, Antiarrhytmika, Neuroleptika etc.)
  6. Elektrolytstörung (Hyperkalziämie, Hyperkaliämie)
  7. Angeboren (VSD, Brugada-Syndrom, ARVCM)

Einführung:

  • RSB (1%) etwas häufiger als LSB (0,5%) (Klinge 2015)
  • Zunahme mit dem Alter (Eriksson 1998, Fernandez-Lozano 2013)
  • 2- bis 3-mal häufiger bei Männern als bei Frauen (Bussink 2013)
  • iRSB bei 35–50 % der Ausdauersportler (Scharhag 2013)
  • RSB mit höherer Prävalenz bei Patienten mit struktureller Herzerkrankung (Durães 2015)
  • Bislang der iRSB (sowie auch der RSB) nur als ein Nebenbefund bei den Herzgesunden (Fernandez-Lozano 2013)
  • Nach neuen Studien zeigt sich auch bei herzgesunden Individuen mit dem RSB eine erhöhte KV- und Gesamtmortalität (Bussink 2013)
  • Bei den Herzkranken scheint der RSB als ein negativer prognostischer Faktor (Durães 2015, Fernandez-Lozano 2013)
  • Vorige Studien mit multiplen Schwachpunkten
    • Relativ kleine Studien
    • Relativ wenig Subjekte mit RSB
    • Keine Frauen
    • Spezifische Altersgruppen
    • Verschiedene RSB-Definitionen
  • Bisherige Studien sehr widersprechend

Wendepunkte:

2013 Bussink et al.

  • Prospektive Beobachtungsstudie (1976-2003)
  • Copenhagen City Heart Study, Dänemark
  • N = 18441
  • Median-follow-up 20,5 Jahre (komplett bei 99,5% der Subjekte)
  • Individuen herzgesund (ohne MI, HI, LSB etc.)
  • Endpunkte:
    • Gesamtmortalität
    • KV-Mortalität
    • Nicht-KV-Mortalität
    • SM-Implantation
    • VHF
    • MI
    • Chronische HI
    • COPD
  • Validität durch vorherige Studien bestätigt (1999 Anderssen, 2003 Madsen, 2008 Kümler, 2011 Thomsen)
  • Elimination des Haupt-Confoundings (multiple Adjustierung der KV-Risikofaktoren)
  • Ergebnisse:
    • RSB mit ca. 30% erhöhter Gesamt- und KV-Mortalität assoziiert (HR 1,31; CI 1,11-1,54; HR 1,87; CI 1,48-2,36)
    • iRSB mit erhöhter Gesamt- und KV-Mortalität nicht assoziiert
  • Stärken:
    • Bis dato größte Studie über RSB-Prävalenz und Prognose
    • Viele Endpunkte
    • Lange und komplette Beobachtungszeit
    • Breites Altersspektrum
    • Beide Geschlechter
    • RSB+iRSB nach Minnesota-coding-standard definiert
  • Schwachpunkte:
    • Relativer Mangel der statistischen Kraft (Zahl der RSB-Subjekte limitiert)
    • Rest-Confounding (detaillierte Echo-Befunde nicht zur Verfügung)

2015 Xiong et al. 

  • Metaanalyse von großen Beobachtungsstudien
  • Endpunkte
    • Gesamtmortalität
    • KV-Mortalität
    • MI
    • HI
  • Ergebnisse:
    • RSB mit erhöhter Gesamt- und KV-Mortalität assoziiert (HR 1,17; CI 1,03-1,33; HR 1,43; CI 1,17-1,74)
  • Stärken:
    • Alle bis dato publizierte große Beobachtungsstudien
    • Studien-Methodologie meist ganz hoch
    • Ergebnisse eindeutig und konsistent
  • Schwachpunkte:
    • Nur im Englisch publizierte Studien (publication-bias)
    • Daten-Extraktion und Analyse nicht verblendet (assessor-bias)
    • Heterogenität zwischen einigen Studien (study-quality-bias)
    • 2 Studien mit nicht genau definiertem (i)RSB (study-quality-bias)
    • Gelegentlich Mangel der statistischen Kraft bei wenig Subjekten (random-error)

Vorschlag für ein “RSB-Programm” bzw. Dg-Algorithmus:

  1. RSB? (x iRSB→harmlos x LSB→strukturelle Herzerkrankung)
  2. RSB bekannt? (Vor-Ekg?)
  3. Klinik? (AP, Dyspnoe, Synkope, Palpitationen, HI-Zeichen etc.)
  4. Patient KP-stabil? (Vitalwerte) → Einweisung? (z.A. LE etc.)
  5. KP-Vorerkrankung?  (KHK, Cor pulmonale, COPD etc.)
  6. Familie? (Brugada etc.)
  7. Medikamente? (Antiarrhythmika etc.)
  8. Stufen-Dg.
    • Herz+Lungenauskultation (Geräusche?, Galopp?, Pulsdefizit? etc.)
    • Labor (Elyte + Ca, TSH)
    • LUFU (BP-Grunderkrankung?)
    • Ergometrie (KHK?, SSS?)
    • LZ-Ekg (HRS?)
    • Echo (strukturelle Herzerkrankung?, RHB?, PE? etc.)

Fazit:

Der Rechtsschenkelblock ist doch prognostisch wichtig, scheint ein neuer kardiovaskulärer Risikofaktor zu sein. Auch bei einem asymptomatischen Patienten ohne Vor-Ekg ist eine Stufendiagnostik und weitere Beobachtung sinnvoll. 

Roman hat einen Algorithmus erstellt für das Vorgehen.

Eigentlich müssen wir jetzt den RSB prognostisch genauso wie den LSB wahrnehmen.

Diagnose-Algorithmus:

  1. RSB? (vs. iRSB→harmlos; vs. LSB→strukturelle Herzerkrankung)
  2. Neu? (Vor-Ekg?) → Überweisung/Einweisung???
  3. Neue/zunehmende Klinik? (KP-Symptome?) → Einweisung
  4. KP-instabil? (Vitalwerte?) → Einweisung

    ————- anamnestisch relevant ——————————————-

  5. KP-Vorerkrankung? (KHK, Cor pulmonale, COPD etc.)
  6. Familie? (Brugada etc.)
  7. Medikamente? (Antiarrhythmika etc.)

————- Stufen-Dg.————————————————————

  1. Herz+Lungenauskultation (Geräusche? Galopp? Pulsdefizit? etc.)
  2. Labor (Elyte + Ca, TSH)
  3. LUFU (BP-Grunderkrankung?)

    ————– Kardio-Überweisung? ——————————————–

  4. LZ-Ekg (HRS?)
  5. Ergometrie (KHK?, SSS?)
  6. Echo (strukturelle Herzerkrankung?, RHB?, PE? etc.)

Fazit Regen:

Subjektiv haben wir unterschiedlich häufig Patienten mit komplettem RSB in der Praxis. Wir werden vermehrt darauf achten und eventuell den Diagnosealgorithmus starten.